Tine wird am 01.05. als Arzthelferin in der Ambulanz (5-Tage/Woche) eingestellt, mit 26 Tagen Urlaub im Jahr.
Die Personalabteilung rechnet
26 Tage : 12 Monate x 8 Monate = 17 Tage
Tines 6-monatige Probezeit endet im Oktober. Im November schreibt sie:
„Lieber Chef, mein Arbeitsverhältnis besteht mehr als 6 Monate.
Ich habe damit die Wartezeit des §4 BUrlG erfüllt — und den vollen
gesetzlichen Urlaubsanspruch von 24 Werktagen in einer 6-Tage/Woche erworben.
Umgerechnet auf meine 5-Arbeitstage/Woche sind das 20 Tage Urlaub. Die will ich nun antreten!“
Tine ist im Recht. Denn eine Anteilsrechnung des Tarifurlaubs ist nur in den Grenzen von §5 BUrlG möglich. Wer im Mai oder Juni neu in einem Betrieb anfängt, steht sich zunächst mit dem gesetzlichen Urlaub meist besser. Was die folgende Tabelle für die 5-Arbeitstage/Woche durchrechnet, gilt für alle anderen Verteilungen der Arbeitszeit ebenso.
Eintritt im Monat | Urlaubstage 26 Tage |
Urlaubstage 27 Tage |
Urlaubstage 28 Tage |
Urlaubstage 29 Tage |
Urlaubstage 30 Tage |
---|---|---|---|---|---|
Januar | 26 | 27 | 28 | 29 | 30 |
Februar | 24 | 25 | 26 | 27 | 28 |
März | 22 | 23 | 23 | 24 | 25 |
April | 20 | 20 | 21 | 22 | 23 |
Mai | 17 20 | 18 20 | 19 20 | 19 20 | 20 |
Juni | 15 20 | 16 20 | 16 20 | 17 20 | 18 20 |
Kurt hat 29 Tage Urlaubsanspruch im Jahr. Nach 2 Jahren endet sein befristeter Arbeitsvertrag mit dem 31. August. Die Personalabteilung berechnet seinen „Teilurlaub” nach dem TVöD:
29 Tage : 12 Monate x 8 Monate = 19 Tage
Kurt ist damit nicht einverstanden. Er schreibt schon im Februar:
„Lieber Chef, der August liegt in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres.
Mir steht darum der volle gesetzliche Urlaub des §4 BUrlG zu. Umgerechnet auf meine
5-Arbeitstage/Woche sind das 20 Tage Urlaub. Die will ich nun antreten!“
Und Kurt ist im Recht! Auch für ihn gilt, dass sein gesetzlicher Urlaubsanspruch (§ 3 BUrlG) die tarifliche Regelung toppt.
Ausscheiden im Monat | Urlaubstage 26 Tage |
Urlaubstage 27 Tage |
Urlaubstage 28 Tage |
Urlaubstage 29 Tage |
Urlaubstage 30 Tage |
---|---|---|---|---|---|
Juli | 15 20 | 16 20 | 16 20 | 17 20 | 18 20 |
August | 17 20 | 18 20 | 19 20 | 19 20 | 20 |
September | 20 | 20 | 21 | 22 | 23 |
Oktober | 22 | 23 | 23 | 24 | 25 |
November | 24 | 25 | 26 | 27 | 28 |
Dezember | 26 | 27 | 28 | 29 | 30 |
Wer im Juli oder August nicht entfristet wird, steht sich mit dem gesetzlichen Urlaub meist besser. Wer aber selbst kündigt, kann bereits am Anfang des Jahres den vollen tariflichen Jahresurlaub antreten.
Nur genommener Urlaub ist wirklich sicher.
§ 26 Erholungsurlaub
(2) Im Übrigen gilt das Bundesurlaubsgesetz mit folgenden Maßgaben: […]
b) Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im Laufe eines Jahres, erhält die/der
Beschäftigte als Erholungsurlaub für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses
ein Zwölftel des Urlaubsanspruchs nach Absatz 1; § 5 BUrlG bleibt unberührt. […]
§ 3 Dauer des Urlaubs
(1) Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage. […].
§ 4 Wartezeit
Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig
nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben.
§ 5 Teilurlaub
(1) Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens
des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer
a) für Zeiten eines Kalenderjahrs, für die er wegen Nichterfüllung der
Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt;
b) wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet;
c) wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahrs
aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.
(2) Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden. […]
§ 13 Unabdingbarkeit
(1) Von den vorstehenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 kann in Tarifverträgen abgewichen werden. […] Im übrigen kann, abgesehen von § 7 Abs. 2 Satz 2, von den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.
Der gesetzliche Zusatzurlaub für Schwerbehinderte gehört zum vollen Urlaub in diesem Sinn. Die Regeln gelten darum genauso (BAG 08.03.1994 - 9 AZR 49/93).
§ 208 Zusatzurlaub
(1) Schwerbehinderte Menschen haben Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von fünf Arbeitstagen im Urlaubsjahr; verteilt sich die regelmäßige Arbeitszeit des schwerbehinderten Menschen auf mehr oder weniger als fünf Arbeitstage in der Kalenderwoche, erhöht oder vermindert sich der Zusatzurlaub entsprechend. Soweit tarifliche, betriebliche oder sonstige Urlaubsregelungen für schwerbehinderte Menschen einen längeren Zusatzurlaub vorsehen, bleiben sie unberührt.
Weiter gibt es hier Teilurlaub bei einer besonderen Fallgestaltung:
§ 208 Zusatzurlaub
(2) Besteht die Schwerbehinderteneigenschaft nicht während des gesamten Kalenderjahres, so hat der schwerbehinderte Mensch für jeden vollen Monat der im Beschäftigungsverhältnis vorliegenden Schwerbehinderteneigenschaft einen Anspruch auf ein Zwölftel des Zusatzurlaubs nach Absatz 1 Satz 1. Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden. Der so ermittelte Zusatzurlaub ist dem Erholungsurlaub hinzuzurechnen und kann bei einem nicht im ganzen Kalenderjahr bestehenden Beschäftigungsverhältnis nicht erneut gemindert werden.